Der Baderlehrling
In jener Zeit, als es noch Bader gab, erkrankte der Dorfschmied und lag in
bedenklichem Zustand darnieder.
Die Frau des Schmiedes holte in Eile den Bader. Dieser kam alsbald mit seinem Baderlehrling und untersuchte den Kranken. Schließlich stellte er fest, dass er Lungenentzündung habe.
Daraufhin ordnete er an, die Frau müsse ihm Knödel, Kraut und Geselchtes kochen und der Schmied müsse so lange essen, bis er schwitzt.
Die Frau
tat so, wie ihr befohlen worden war, und der Schmied aß, bis er schwitzte,
und wurde gesund.
Kurze Zeit später erkrankte der Dorfschneider, und seine Frau wollte
den Bader holen. Dieser war aber nicht zu Hause.
Da der Zustand des Kranken bedenklich aussah, ersuchte die Frau den Baderlehrling, er möge doch mitkommen und den Kranken wenigstens untersuchen. Der Baderlehrling zog sich sofort den weißen Mantel an, ergriff die Aktentasche und begab sich zu dem kranken Schneider.
Auf Grund der Untersuchung, stellte er Lungenentzündung fest. Er nahm sein Notizbuch zur Hand, blätterte darin und ordnete an, die Frau müsse Knödel, Kraut und Geselchtes kochen, und der Mann müsse so lange essen, bis er schwitzt.
Die Frau
tat so, wie ihr angeordnet wurde, der Schneider aß, schwitzte und starb.
Der Baderlehrling aber nahm seine Aufzeichnungen zur Hand und notierte gewissenhaft beim Stichwort "Lungenentzündung":
Knödel, Kraut und Geselchtes für den Schmied heilbringend, für den Schneider verderblich!
bereitgestellt
von Johann Förster
aktualisiert am 9 Februar, 2003
created Harald Schitz